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Faszinierende Vielfalt am Gartenzaun

Schauen Sie einmal genau hin, welche Formen die Natur hervorbringt! Mit bloßem Auge lässt sich die faszinierende Vielfalt auf dem Holz erkennen. Es sind Flechten und je mehr man über sie weiß, desto interessanter werden sie. Für uns ist dieser alte Zaun, der aufgrund von morschen Pfosten ersetzt werden musste, mehr als verwittertes Holz. Es ein Schatz, den wir erhalten möchten.

Räumen wir zunächst mit einem Vorurteil auf: Flechten sind nicht verantwortlich dafür, dass Holz verwittert oder Bäume absterben, denn sie haben keine Wurzeln und wachsen lediglich auf den Oberflächen von Latten, Stämmen oder Steinen. Der 30 Jahre alte Gartenzaun hätte also mit den Flechten noch lange seinen Dienst tun können.

Das Fehlen von Wurzeln führt dazu, dass diese Organismen sich kreative Wege der Wasser- und Nährstoffaufnahme suchen müssen, um zu überleben. Die gesamte Oberfläche hilft dabei. Über sie wird Wasser aufgenommen - sei es aus Nebel, Tau oder hoher Luftfeuchtigkeit. Ist es zu trocken, schalten Flechten einfach in den Leerlauf und warten auf den nächsten Regen. Das können sie jahrelang durchhalten. Was den Standort angeht sind sie sehr genügsam. Sie können auf fast allen Oberflächen wachsen. Wichtig ist, dass andere Pflanzen ihnen keine Konkurrenz machen.

Da Flechten Nährstoffe nahezu ungefiltert aus dem Wasser und der Luft aufnehmen, reagieren einige Arten empfindlich auf Schadstoffe. Besonders Schwefeldioxid setzt ihnen zu. So kam es, dass mit der Industrialisierung Flechten nach und nach aus den Städten verschwanden. Filter und Katalysatoren reduzieren heute diesen Schadstoff in der Luft wieder, so dass sich der Trend nicht weiter fortsetzt. Anders herum gesehen ist also das Vorhandensein von bestimmten Flechten ein Indikator für schadstoffarme Luft. Mehr noch: Flechtenforscher können an verschiedenen Flechtenarten ablesen, wie sich Klimazonen verändern.

Aber was sind Flechten überhaupt?
Historisch ordneten Botaniker sie zunächst den Algen und Moosen zu, bis man um die Besonderheit der Flechte wusste. Denn diese vielfältigen Organismen sind Doppelwesen aus Pilz und Alge – genauer: aus einem Pilz und einem Partner, der Photosynthese betreiben kann. Eine solche Lebensgemeinschaft wird Symbiose genannt.

Betrachten Sie den alten Gartenzaun von Hof Möhr nun mit anderen Augen? Es sind kleine Kunstwerke, die sich auf dem Holz angesiedelt haben, keine Schädlinge. Und für die Flechten ist der Zaun ein Lebensraum, den ihnen keine andere Pflanze streitig machen kann. Darum ist auch der neue Zaun nicht behandelt, sondern bietet weiteren Flechten neuen Lebensraum. Sie sehen: Wer sich entscheidet, aufs Streichen zu verzichten, wird mit der Kunst der Natur belohnt.


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